Wuppertal/Bochum/Karlsruhe. Eine Meldung eines Bochumers auf Facebook gibt bekannt, dass der Verein Tacheles e.V. vom Bundesverfassungsgericht in Sachen Vorlage des Sozialgerichts Gotha zur Vereinbarkeit von Sanktionen zur Stellungnahme aufgefordert worden sei.
Hilfeverein sollte Fakten aus der Praxis schildern
Angesichts einiger bisheriger rechtlicher Äußerungen von Tacheles, z.B. zum Anspruch auf Empfangsbestätigung, hoffe ich nicht, dass sich Tacheles e.V. bei seiner Stellungnahme allzu juristisch äußern wird. Tacheles sollte sich auf seine praktischen Erfahrungen stützen und klarstellen, was in der Praxis passiert, wenn Sanktionen ihre Wirkungen entfalten.
Als Grund für diese Forderung zur Zurückhaltung nenne ich Sätze wie diesen, wo sich Tacheles e.V. (S. 3) ein wenig disqualifiziert, da die Formulierungen, sagen wir mal, unglücklich gewählt sind, wenn es heißt:
„Das Jobcenter ist in der Pflicht eine Eingangsbestätigung auszugeben. Diese Pflicht lässt sich nicht direkt aus dem Recht herleiten. Sie ergibt sich aber aus den behördlichen Pflichten als solche.“
Pflichtenstellung aus dem So-Sein oder aus dem Nichts?
Mal ganz ehrlich: Woraus lassen sich wohl die behördlichen Pflichten ableiten?
An dieser Stelle wird deutlich, dass Tacheles e.V. in Sachen Juristerei nachjustieren sollte. Oder es besser lassen, und sich auf das Wesentliche, ihr praktisches Kerngeschäft beschränken.
An anderer Stelle (S. 11) wird diese Grundforderung bestätigt, wenn es heißt:
„Rechtlich lässt sich kein unmittelbarer Anspruch auf eine Eingangsbestätigung ableiten.“
Mit dieser Formulierung wird deutlich, dass Tacheles das Wesen des Anspruchs nicht so recht verstanden zu haben scheint. Ein nicht unmittelbarer Anspruch – was soll das sein, frage ich mit Recht. Möglicherweise meint Tacheles, dass es einen Anspruch gibt, der jedoch nicht unmittelbar aus dem Gesetz herauszulesen, sondern nur durch Gesetzesanwendung und Auslegung ermittelt werden muss, um ihn in der Praxis ziel- und zweckgerichtet durchsetzen zu können. Das würde Sinn machte, müsste jedoch anders formuliert werden.
Anspruch direkt aus einem Grundrecht
Als Beispiel nenne ich mal die Anspruchsherleitung aus einem Grundrecht. Das Bundesverwaltungsgericht hat dies dann so formuliert:
„So heißt es in der Pressemitteilung des BVerwG:
„Fehlt es an einer Regelung des zuständigen Gesetzgebers, ist ein Minimalstandard an Auskunftspflichten in der Weise verfassungsunmittelbar garantiert, dass das Grundgesetz einen klagbaren Rechtsanspruch auf Erteilung einer bestimmten Information zuerkennt…“
Demgegenüber ist die Rechtsposition von Tacheles ein Minus: „fordert Tacheles einen Rechtsanspruch auf Eingangsbestätigung für eingereichte Anträge und Unterlagen im sozialrechtlichen Verfahren zu normieren.“
Ob der Weg, den Tacheles in diesem Sinne sieht, zielführend ist, mag bezweifelt werden. Das faire Verfahren ist sicher ein grundrechtsgleiches Recht. Jedoch erst eine Normierung als Umsetzung dieses Rechts zu fordern, ist eine sehr schwache Position, die hier formuliert wird. Der Anspruch auf ein Existenzminimum aus den Grundrechten, wie vom Bundesverfassungsgericht festgestellt, dürfte wohl das speziellere und stärkere Recht sein; dies benötigt keine nachrangige Forderung einer gesetzlichen Normierung, da aus dem Grundrecht selbst heraus – sui generis – der Anspruch herleitbar ist.
Fazit
Schuster bleibt bei deinen Leisten. Tacheles sollte die praktischen Auswirkungen schildern, und sich mit Ausflügen in die juristischen Gefilde zurückhalten.